Die Rechtsfigur des Steuervetreters in Portugal

Wer sich weniger als 183 Tage im Jahr in Portugal aufhält, gilt steuerlich als „Nichtresident“. Er muss einen steuerlichen Vertreter (auch Fiskalvertreter genannt) bestellen (representante fiscal). Dessen Aufgabe des steuerlichen Vertreters besteht hauptsächlich darin, die Steuerbescheide in Empfang zu nehmen und an den Steuerpflichtigen weiterzuleiten. Er muss in Portugal gewöhnlich ansässig sein. Der Fiskalvertreter haftet unter bestimmten Umständen gemeinsam mit dem Steuerpflichtigen für Steuerschulden. Außerdem sieht das Gesetz vor, dass der „nichtresidente“ Steuerpflichtige sich nicht gegen Akte der Finanzverwaltung wehren kann, wenn er keinen steuerlichen Vertreter benannt hat. Insbesondere aufgrund der genannten Haftungsgefahr, sind in Portugal Fiskalvertretungen üblicherweise kostenpflichtig. Die Fiskalvertretung übernehmen in der Regel Unternehmen, die sich durch ihre Gesellschaftsform selbst haftungsrechtlich gegen Forderungen des Finanzamtes abgesichert haben. Die Deutsch-Portugiesische Industrie- und Handelskammer (DIHK) bietet den Service der Steuervertretung an.

Viele ausländische Mitbürger sind u.a. wegen der Pflicht zur Bestellung eines steuerlichen Vertreters in Portugal als steuerrechtlich „Resident“ eingetragen, obwohl sie sich nur wenige Wochen oder Monate im Jahr in Portugal aufhalten. Das stellt jedoch einen Verstoß gegen das Gesetz dar. Die Nichterfüllung der Pflicht zur Bestellung eines steuerlichen Vertreters wird mit einem Bußgeld (coima) von 50,00 bis 5.000,00 € geahndet. Wer als steuerrechtlicher „Resident“ keine Einkommensteuererklärung in Portugal abgibt, geht die Gefahr ein, verdächtigt zu werden, Steuern zu hinterziehen.

Die beschriebene Verpflichtung zur Bestellung eines Steuervertreters verstößt unserer Ansicht nach gegen das Gemeinschaftsrecht. Zu Recht hat die Europäische Kommission am 15. Juli 2009 gegen die portugiesische Republik eine Klage beim Europäischen Gerichtshof mit dem Antrag eingereicht, festzustellen, dass die portugiesischen Regelungen zum Fiskalvertreter gegen die europäische Freizügigkeit und den freien Kapitalverkehr verstoßen. Zur Sicherung der Steuereinnahmen bedarf es innerhalb der Europäischen Union keines Steuervertreters. Vielmehr stellen EG-Richtlinien[1] sicher, dass die notwendigen Informationen ausgetauscht werden. Aufgrund des mangelnden europäischen Bewusstseins des portugiesischen Gesetzgebers wurden die gemeinschaftswidrigen Regelungen aber trotz der seit dem anhängigen Klage und des vorausgegangenen außergerichtlichen Mahnverfahrens noch nicht aufgehoben oder modifiziert. Vielmehr muss Portugal offenbar erst verurteilt werden, bis sich die Verantwortlichen rühren. Das Urteil steht noch aus. Auf neue Informationen werden wir Sie an dieser Stelle hinweisen. 

[1] EG-Richtlinie vom 26. Mai 2008 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen (Richtlinie 2008/55/EG); EG-Richtlinie vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern (Richtlinie 1977/799/EWG)